Hier geht’s zur Folge bei Spotify: Prof. Dr. Simone Danz – Vielfaltsdimension „körperliche und geistige Fähigkeiten“ vom Podcast „Selbstverständlich Vielfältig – Vielfalt an der Hochschule leben“

Claudia Huber:
„Selbstverständlich Vielfältig – Vielfalt an der Hochschule leben“: Der Podcast des Academic Career Centers der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, kurz DHBW. An der DHBW wollen wir Vielfalt nicht nur anerkennen, sondern aktiv leben. Um uns darin stetig zu verbessern, wollen wir dazulernen. Dazu tauschen wir uns mit Expertinnen und Experten zu den sieben Diversity-Kerndimensionen der Charta der Vielfalt aus.“

Paulina Fresow:
„Heute sprechen wir mit Professorin Dr. Danz zur Vielfaltdimension körperliche und geistige Fähigkeiten. Wir, das sind Claudia Huber….“

Claudia Huber:
„Hallo.“

Paulina Fresow:
„…Und Paulina Fresow vom Academic Career Center der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Was verstehen wir denn nun unter der Diversity Dimension körperliche und geistige Fähigkeiten?
Dazu zählen Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen, chronischen Krankheiten sowie neurodivergente Personen, wie etwa Menschen im Autismus-Spektrum oder mit Dyslexie, auch Legasthenie genannt, oder ADHS. Diese Dimension umfasst die unterschiedlichen Fähigkeiten, die Menschen mitbringen und die Herausforderungen, denen sie in der Arbeitswelt gegenüberstehen. Oft werden diese Menschen aufgrund ihrer Unterschiede unterschätzt oder sie sehen sich vielen Hürden gegenübergestellt. Es ist entscheidend, eine positive Sichtweise zu fördern, die die Vielfalt der körperlichen und geistigen Fähigkeiten anerkennt und wertschätzt.
Unternehmen und Institutionen müssen sich aktiv ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden bemühen.

In dieser Podcast-Folge wollen wir uns daher darauf konzentrieren, was wir als Hochschule im Bereich der körperlichen und geistigen Fähigkeiten tun können, um unsere Hausaufgaben zu machen. Wir freuen uns daher sehr, heute im Gespräch mit Professorin Dr. Danz zu sein.

Ich stelle Sie unseren Zuhörenden vor. Sie, Frau Danz, sind seit April 2024 Professorin für inklusive Kinder- und Jugendhilfe an der Frankfurt University of Applied Science in Frankfurt am Main. Zuvor waren Sie einige Jahre Professorin für Bildung und soziale Inklusion an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden sowie Professorin für inklusive Pädagogik und Heilpädagogik an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg. Nach einer Lehre als Gärtnerin, einer Ausbildung zur Arbeitstherapeutin und einem Studium der Erziehungswissenschaften sowie des Hochschul- und Wissenschaftsmanagements promovierten sie 2015 am Institut für Rehabilitationspädagogik der Humboldt-Universität Berlin. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Menschenrechtsbildung und kollektive Reproduktion von Normalität, insbesondere bei Fachkräften der sozialen Arbeit. In den letzten Jahren entstanden zahlreiche Artikel und Bücher von Ihnen, zuletzt der Titel „Enthinderung: ein Leitfaden“ beim Wels Juwenta Verlag sowie Arbeitsmaterialien der 360-Grad-Perspektive in der Heilpädagogik beim BHP Verlag. Und seit kurzem sind Sie auch mit einem kleinen Lehrauftrag bei uns an der DHBW tätig.

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, genau. Zum Thema barrierefreie Präsentation bin ich im Masterstudiengang Advanced Practice in Health Care im Didaktikmodul mit einer kleinen Einheit.“

Paulina Fresow:
„Das freut uns sehr. Liebe Frau Danz, wir freuen uns wirklich sehr, dass Sie heute bei uns in unserem Podcast da sind und wir Sie begrüßen dürfen. Schön, dass Sie da sind.
Dann starte ich mit einer Frage, die viele immer rumtreibt. Sind Sie denn eher Kaffeetrinkerin oder Teetrinkerin?

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, das ist eine schöne Frage, weil ich da gleich zum Thema sagen kann, entweder oder gibt es nicht. Ich mag sowohl Tee vormittags als auch nachmittags Kaffee. Also sowohl als auch.“

Paulina Fresow:
„Sehr schön. Dann möchten wir doch gleich mit zwei grundlegenden Fragen zu diesem Thema starten: Welche Barrieren bestehen denn für Menschen mit Behinderung oder Neurotypien in Bezug auf Karriereentwicklung und Aufstieg an Hochschulen? Und welche Rollen spielen Ihrer Meinung nach Vorurteile oder mangelndes Verständnis im Umgang mit beeinträchtigten Menschen im Hochschulumfeld?“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, vielen Dank. Ich finde es prima, dass Sie beide Fragen gleich in der Verbindung miteinander stellen, weil ich glaube, die größten Barrieren, die für Menschen mit Behinderung oder Neurotypien bestehen, sind Vorurteile und mangelndes Verständnis. Wichtige Gründe.

Ich gehe da immer gerne ein bisschen weiter. Behinderung bedeutet ja, da zitiere ich Jan Weißer, einen Sonderpädagogen, dass etwas nicht so ist, wie erwartet wird. Also etwas ist nicht normal. Aussehen oder Fähigkeiten oder Kommunikation kann nicht so ablaufen wie gewohnt. Und das verunsichert alle und führt aus mangelnder Fähigkeit, sich irritieren zu lassen, schließlich zu Vorurteilen und Vermeidungsstrategien. Also ich würde noch mal gucken: Was steckt denn hinter den Vorurteilen? Und meistens ist es einfach die Unsicherheit oder etwas, was ungewohnt ist. Und wir haben jetzt in der Inklusionspädagogik seit der UN-Behindertenrechtskonvention diesen Paradigmenwechsel, dass Behinderung nicht das Problem der Person ist, sondern eine mangelnde Passung mit der Umwelt. Und da zitiere ich auch immer gerne Theresia Degner, die für Deutschland ja im UN-Rat war und die Behindertenrechtskonvention mitgeschrieben hat. Sie legt da, dass Behinderung lange Zeit ja nur als Schädigung verstanden wurde. Und ja, die wird diagnostiziert, therapiert oder gefördert. Und man fragt auch immer als Erstes, das erlebe ich in der Praxis ganz häufig, wenn es um Behinderung geht, ja, welche Förderung ist denn dann notwendig? Und menschenrechtlich gesehen ist aber Behinderung ein Problem der direkten Umwelt und der Mitmenschen. Es gibt Untersuchungen, dass behinderte Menschen sehr viel weniger unter der eigenen Behinderung leiden als unter den gesellschaftlichen Benachteiligungen und Entrechtungen und das, wie die Mitmenschen mit ihnen umgehen. Das ist das viel größere Problem. Und wenn ich dann auf Hochschulbildung komme, dann glaube ich, dass es da zum einen wichtig ist, auf die strukturellen Benachteiligungen zu schauen, die eben verursacht werden, weil wir an den Hochschulen ein leistungs- und selektionsorientiertes System haben. Und Beeinträchtigungen stehen symbolisch ja oft fälschlicherweise auch für Schwäche und Hilfebedürftigkeit und Abhängigkeit. Fälschlicherweise sage ich deshalb, weil alle Menschen zum einen behindert werden können. Das Risiko steigt mit steigendem Alter bis hin zur höchsten Altersgruppe ab 80, wo jeder zweite Mensch betroffen ist. Es ist nicht etwas, was niemanden trifft, wie andere Dinge. Die Verteilung ist recht hoch, sehr häufig. Aber wir sind alle verletzlich und schwach. Eine meiner Theorien ist, dass die Wahrnehmung, dass wir alle abhängig sind voneinander, von dem Sauerstoff, von entsprechenden Umweltbedingungen, von guten sozialen Kontakten, dass diese Abhängigkeit abgespalten wird und diesen sogenannten vulnerablen Gruppen zugeschoben wird. Als ob wir nicht alle irgendwie vulnerabel seien. Es geht also im System Hochschule darum… und die Hochschule ist genauso der inklusiven Bildung verpflichtet. Deutschland hat die UN-BRK ratifiziert, das heißt in die nationale Gesetzgebung überführt. Und das wird an Hochschulen geflissentlich ignoriert. So erlebe ich das an den Hochschulen, die ich kenne, dass die UN-BRK auch für Hochschulen gilt. Das heißt, ein inklusives Bildungssystem auch für Hochschulen notwendig wäre. Und da wäre eigentlich es sehr wichtig, dass das System umgebaut wird, sodass Menschen mit Beeinträchtigungen selbstständig und ohne fremde Hilfe teilhaben können. So ist nämlich die Formulierung: „Selbstständig und ohne fremde Hilfe.“
Da müssten nämlich auch Menschen, die zum Beispiel nicht oder nicht gut sehen können, nicht oder nicht gut hören können, ganz selbstverständlich entsprechende Technik vorfinden.
Sie müssten sich wirklich willkommen fühlen, so wie sie sind und nicht erst einen großen Gang durch die Institutionen, bis sie dann endlich alle Hilfsmittel haben, die sie brauchen. Und es geht sogar noch weiter: Auch Menschen mit kognitiven Einschränkungen müssten studieren können, was ja in anderen Ländern kein Problem ist. Also inzwischen gibt es bekannte Akademiker mit Trisomie 21, also in Klammern landläufig sagt man dazu immer noch Down-Syndrom. Das galt lange als undenkbar, aber wir haben zum Beispiel Aya Iwamoto, die studierte in England Literatur und übersetzt heute Bücher aus dem japanischen oder der Spanier Pablo Pineda, der ist Psychologe und Lehrer und nebenberuflich Schauspieler. Und wer mir noch einfällt, ist Francesco Alio, der arbeitet als Ökonom im italienischen Cremona. Also es müssen nicht alle einen Abschluss schaffen. Ja, also auch da ist ja das System voller struktureller Hindernisse mit dieser Absolventenquote. Aber Teilhaben am Bildungssystem, das müsste möglich sein.“

Claudia Huber:
„Wie können wir denn sicherstellen an der DHBW, dass Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten oder neurodivergente Personen gleiche Karrierechancen, vor allen Dingen auf dem Weg zu einer Professur haben? Weil das ist ja auch ein Teil der Vielfalt und auch ein Teil der
Gleichberechtigung, dass man nicht nur teilhaben kann an der Bildung, sondern auch, dass man einen akademischen Werdegang beschreiten kann?“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, also es hat ganz viel mit den anderen Menschen zu tun, mit denjenigen, die Platz machen müssen, damit Teilhabe möglich ist. Es wird immer so sehr verschoben auf die Personen, die das Problem haben, die müssen irgendwie teilhaben dürfen. Aber dass dazu eine ganze Reihe anderer Menschen gehört, die diese Teilhabe ermöglichen müssen, das wird sehr oft vergessen.
Es geht da zum einen natürlich um spezielle Unterstützungsangebote, habe ich gerade schon gesagt. Also bei Sinnesbehinderungen entsprechende kompensierende Technik, die ja existiert. Das ist ja jetzt inzwischen kein Hexenwerk mehr. Aber vor allen Dingen auch die Aufklärung der Hochschulmitarbeitenden. Das ist ganz wichtig. Also durch die ganze Linie hindurch, müssten Menschen darüber aufgeklärt werden, was es bedeutet, Menschen mit Behinderungen willkommen zu heißen und dass das ein Menschenrecht ist und Deutschland sich verpflichtet hat dazu. Also das, was ich erlebe, ist eigentlich immer, das habe ich gerade schon gesagt, die erste Frage danach „was brauchen Sie denn an Unterstützungsmöglichkeiten?“ Mit Blick auf die Personen.
Aber die Unterstützungsmöglichkeiten und Bildungsangebote, die ich für sehr, sehr wichtig halte, das sind eben die für die anderen, die lernen müssen, Teilhabe zu ermöglichen. Dazu gehört meines Erachtens den eigenen Leistungsdruck zu hinterfragen und den Umgang mit Ungewohntem und Irritierendem zuzulassen, ohne abzuwerten und ohne zu vermeiden. Das ist wichtig. Also der eigene Leistungsdruck. Jetzt komme ich aus sozialen Berufen. Da kann ich das immer sehr gut sagen, wenn ich bei Studierenden einen extremen Leistungsdruck und eine ganz hohe Angst vor Selektion spüre, dass ich sage: „wenn Sie mit sich selbst nicht gut umgehen können, gerade dann, wenn Sie Fehler machen oder wenn Sie den Anforderungen nicht genügen, wie wollen Sie dann auf der sogenannten Augenhöhe mit Klient*innen umgehen, die nur deshalb bei Ihnen sind, weil Sie grundsätzlich nie die Anforderungen bewältigen können?“ Das heißt, hier muss ein Umdenken stattfinden. Ich glaube, es braucht an sich noch mal einen anderen Blick auf Leistung. Da ist für mich ein großes Phantasma dabei. Da gibt es auch ein tolles Buch. Da fällt mir leider der Name nicht ein, die Historikerin, die Leistung untersucht hat und sagt oder herausgefunden hat, belegen kann, dass Leistung nie die Leistung einer Person ist. Sondern immer Leistung abhängig ist von anderen Personen, die irgendwas ermöglichen. Vom familiären Hintergrund, von der Ausstattung mit Ressourcen, von verrückten Zufällen, von Mentorinnen und Mentoren. Also Leistung zu hinterfragen ist, glaube ich, was ganz wichtig ist, damit es aufhört, dass Menschen mit Beeinträchtigungen zunächst mal in der symbolischen Wahrnehmung, also das, was so mitschwingt, als diejenigen wahrgenommen werden, die irgendwas nicht leisten können. Ich würde da gerne noch ein Beispiel anfügen. Mir hat mal ein hochgestellter Ingenieur, der Vater von zwei komplex behinderten Kindern ist, gesagt, das allerbeste Assessment für meine Mitarbeitenden im Job ist eigentlich der Umgang mit meinen beiden Jungs. Die können sich nicht gut artikulieren, die sitzen in Rollstühlen, die müssen auch sondenernährt werden. Und der sagt, wer unter diesen erschwerten Bedingungen gut kommunizieren kann und sehen kann, was für tolle Wesen meine beiden Jungs sind, wie unterschiedlich die auch sind. Also unter erschwerten Bedingungen gut kommunizieren können und ungewöhnliche Lösungen finden. Das sind die Leute, die ich hier brauche. Also in der Wirtschaft, im Ingenieurwesen ist das genauso wichtig wie in anderen Bereichen. Das sind zukunftsfähige Kompetenzen der Umgang mit Schwierigkeiten. Und wenn Sie mich fragen, eben nicht um spezielle Unterstützungsangebote, ja, die sind auch wichtig, aber viel wichtiger ist, das System zu verändern, nachdem ausgewählt und selektiert wird. Also das habe ich auch in meinem Buch „Enthinderung“ geschrieben. Die Selektion hatte ja mal den Grund, die Menschen herauszufinden in einem Bildungssystem, die ganz besonders geeignet sind, andere Menschen anzuleiten. Ja, jetzt sage ich mal vielleicht in Institutionen oder anzuleiten, auch in der Politik oder in der Wirtschaft, dass ein Leben in Frieden möglich ist, dass Ressourcen geschont werden, dass man menschenwürdig miteinander umgeht, aber diese Selektionskriterien greifen schon seit vielen Jahren nicht mehr. Diese Menschen werden in unserem Bildungssystem nicht identifiziert und gefördert, sondern andere, die sich gut durchsetzen können oder den guten, stabilen familiären, finanziellen Hintergrund haben. Also man könnte sagen, Menschenrechtsbildung und Förderung der Irritationsfähigkeit für die Nichtbetroffenen. Das ist das Wichtigste, um Karrierewege für Menschen mit Behinderungen zu öffnen.“

Paulina Fresow:
„Danke für diese Perspektive, diesen Perspektivwechsel, den wir auf alle Fälle haben müssen. Ich möchte mal zu den Themen mit dem Blick auf die Studierenden lenken. Wie ist es denn, was könnte denn die DHBW machen, barrierefreie Zugänge und Lernumgebungen zu gewährleisten? Sie haben hier schon einiges genannt, aber auch in Bezug auf unterstützende Systeme und Technologien. Was wäre da sinnvoll? Und wie können Professor*innen ihre Lehre inklusiver gestalten? Könnten Sie da noch drauf eingehen?“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, eine ganz, ganz wichtige Frage. Zunächst mal stelle ich immer wieder fest, Vielfalt bedeutet, es gibt ganz Vieles. Und es gibt kein entweder/oder, sondern immer nur sowohl/als auch. Und Unterstützungssysteme und Technologien, das ist immer so der Wunsch, man könnte alles technisch lösen. Das hilft nicht. Das hilft nicht wirklich, sondern wir müssen wirklich mehr miteinander reden. Und das, ich gerade gesagt habe, was alles wichtig ist, die Scheu zu verlieren mit Situationen, die nicht so ganz gewohnt oder normal sind, umzugehen, das ist meines Erachtens das Allerwichtigste.
Und es gibt inzwischen genug technische Unterstützungssysteme. Meines Erachtens ist das nicht das Problem. Die Menschen, die diese Technologien brauchen, die haben sie meistens schon selber und bringen sie mit oder können genau sagen, was sie brauchen.

Also viel wichtiger ist, dass die Kompetenzen gestärkt werden bei allen Menschen, also bei denen, die nicht betroffen sind, habe ich gerade schon gesagt, barrierefreie Zugänge und Lernumgebungen zu gewährleisten. Und ich bin der Meinung, dass im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention keine einzigen Studierenden die Hochschule verlassen dürften, ohne zu wissen, wie sie selber Barrierefreiheit gestalten können, weil die ja auch im späteren Beruf gebraucht wird. Auch in Arbeitszusammenhängen gilt die UN-Behindertenrechtskonvention. Das müssten eigentlich alle, die die Hochschule verlassen mit einem Abschluss und in einen Beruf gehen, mitnehmen. Wie gestalte ich Barrierefreiheit? Und by the way, 2025 tritt das Barrierefreiheitsgesetz oder Freiheitsstärkungsgesetz in Kraft, das gewährleistet, dass alle digitalen Angebote barrierefrei sind. Also so gestaltet sind, dass die Menschen mit verschiedenen Einschränkungen nutzen können. Und Einheitslösungen gibt es dabei nicht. Und jede Lehre wird von digitalen Angeboten begleitet. So müssten eigentlich alle Studierenden gleich lernen, wie sie barrierefrei präsentieren und wie sie Projekte barrierefrei gestalten können. Das muss Thema sein. Das muss in allen, also wenn Sie mich fragen, muss das in allen Fächern Thema sein. Und es gibt eine sehr, sehr hilfreiche Formel.
Das sogenannte Rad-Roll-Prinzip, das Zwei-Sinnes-System und die Formel KISS. Keep it short and simple. Das heißt das Fußradprinzip bedeutet, dass alle Bereiche, die zu Fuß erreichbar sind, stufen- und schwellenfrei sein müssen, sodass sie auch ohne fremde Unterstützung rollend erreichbar sein müssen oder können. Das wäre in den Hochschulen sehr sinnvoll für alle Menschen, die in Rollstühlen oder mit Rollatoren unterwegs sind, aber auch für alle Mitarbeiter*innen, die irgendwelche Dinge transportieren müssen auf Transportwagen. Sei das jetzt für, das haben wir hier oft noch mal, Kaffeeversorgung für eine Konferenz oder dass irgendwelche Bücher oder Akten hin und her gefahren werden müssen. Also Radrollprinzip: Alles, was zu Fuß erreichbar ist, muss auch errollt werden können. Dann das Zwei-Sinnes-System, dass Informationen sowohl optisch als auch akustisch und taktil, das klappt oft nicht, aber taktil erfahrbar sein müssen. Das heißt also, einerseits gilt es für die Zuhörenden, die nicht oder nicht gut hören können, auf Vortragsfolien, das ist wichtig, die wesentlichen Inhalte auch schriftlich darzustellen. Es heißt immer, auf PowerPoint-Folien soll nicht viel Text sein. Ich mache das immer genau anders und sage, für Menschen, die nicht oder nicht gut hören können, habe ich relativ viel auf meinen Folien. Und andererseits sollen optische Inhalte, also Bilder und Grafiken, auch in Worten ausgedrückt werden, für diejenigen, die nicht oder nicht gut sehen können. Und dieses Keep It Short and Simple bedeutet, dass es eigentlich, und das trifft eigentlich für alle zu, auch mit diesem Zwei-Sinnes-System, das ist für alle hilfreich, die irgendwas neu lernen müssen. Keep It Short and Simple bedeutet regelmäßig auch die wesentlichen Inhalte in einfachen Worten schriftlich und mündlich zusammenzufassen. Ich mache dann immer so nach ein paar Folien noch mal eine Folie, wo ich versuche, das, was ich gesagt habe, mal in einfacher Verkehrssprache zusammenzufassen. Da bin ich noch lange nicht bei leichter Sprache, sondern einfach wirklich nur einfache Alltagssprache, damit verstanden wird, worum es geht. Auch das sichert Zugänglichkeit. Und das zeigt eigentlich den anderen Studierenden, wie wichtig das ist und dass es allen nützt, wenn wir versuchen, Zugänglichkeit zu realisieren. Das ist natürlich aufwendiger. Also ich merke das auch, wenn ich meine Powerpoints mache, da brauche ich ein bisschen mehr Zeit, dass ich die Grafiken und Bilder einfach mit einem relevanten Alternativtext versehe. Und zwar nicht nur, ja, da wird das und das gezeigt, sondern dass ich wirklich mir überlege, genau zu beschreiben, was man sieht und was wichtig ist, um den Inhalt zu verstehen.

Aus meiner Sicht ist Inklusion ein gesellschaftliches Transformationsprojekt und da müssen alle wissen, was sie selbst beitragen können, damit Barrierefreiheit realisiert wird. Also ich wiederhole mich, Lehrende und Studierende müssen lernen, möglichst zugänglich ihre Inhalte zu gestalten. Ja, und das widerspricht an so vielen Stellen dem ach so deutschen akademischen Habitus, alles so kompliziert wie möglich zu machen.“

Paulina Fresow:
„Das bringt mich auch direkt zur nächsten Frage. Allgemein fragen wir uns ja bei diesem Thema, was kann denn eigentlich Hochschule letztlich wirklich leisten bei diesem Thema? Was muss sie vielleicht leisten und was ist eigentlich nicht abbildbar auch in Richtung gesetzliche Vorgaben gedacht? Bzw. welche gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien zur Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen müssen Hochschulen einhalten bei diesem Thema?“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, also da sprechen Sie ganz schwieriges Gebiet an. Kurz gesagt, Recht haben und Recht bekommen, das ist ja, wie man weiß, das sind zwei Dinge. Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Also sie hat sie nicht nur unterschrieben, sondern sie hat sie in den Status eines einfachen Bundesgesetzes gehoben. Und darin ist ein inklusives Bildungssystem auf allen Bildungsebenen gefordert. Und somit gilt ja die UN-BRK auch für Hochschulen, habe ich schon gesagt. Und im Zuge dessen mussten jetzt seit 2009 sehr, sehr viele Bundesgesetze auch angepasst werden. Also das Bundesteilhabegesetz ist entstanden als Artikelgesetz, hat die Eingliederungshilfe und viele andere Sozialgesetzbücher verändert. Jetzt ist gerade die Umsetzung des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes Thema, wo versucht wird, diese Vorgaben, die Deutschland ja anerkannt hat und ratifiziert hat, in das Gesetz umzusetzen. Und ja, natürlich ist es so, dass das immer auch Machtmechanismen sind, wie solche Gesetze verabschiedet diskutiert werden, wo genau diese Faktoren wieder reinspielen, die ich gerade gesagt habe. Dieses unerkannte oder auch bewusst gewollte, leistungsorientierte, selektionsorientierte System, wo ich der Meinung bin, dass die UN-BRK nicht sauber umgesetzt ist in unsere Gesetze. Wie vorhin schon gesagt, müsste das System so gestaltet sein, dass auch Menschen mit Beeinträchtigung selbstverständlich und ohne fremde Hilfe teilhaben können. Das ist der Originaltext. Also sowohl Studierende als auch Beschäftigte. Und natürlich ist das an manchen Stellen aufwendig, aber Vielfalt erfordert halt jede einzelne Situation genau zu betrachten und dafür Lösungen zu suchen und das lässt sich nicht standardisieren. Und Hochschulen sind dabei, das wird auch in den letzten Jahrzehnten immer mehr, ich bin schon lange im Hochschulgeschäft, alles zu standardisieren. Vor allen Dingen auch die Prüfungsverwaltung. Also die Frage nach dem Nachteilsausgleich für Studierende, der ist so superschwierig, weil die Hochschule immer sagt, na es müssen doch alle die gleichen Voraussetzungen mitbringen und es muss doch alles ganz gerecht zugehen. Und eigentlich ist es so wie dieser Cartoon, den Sie bestimmt auch kennen, in dem eine Lehrperson zu einer Gruppe von Tieren sagt, ein Elefant, eine Robbe, ein Affe, ein Vogel, eine Schildkröte und er sagt, ja, damit es jetzt ganz gerecht zugeht, bekommen alle die gleiche Aufgabe, klettern Sie auf den Baum. Das können natürlich nur die Tiere, die die Voraussetzungen haben. Genauso ist es an Hochschulen. Und in den letzten Jahren ist der Einfluss der kontrollierenden Verwaltung immer stärker geworden. Ich habe oft das Gefühl, es geht für die Studierenden eher darum, zu lernen, Fristen einzuhalten und das richtige System zur richtigen Zeit mit den richtigen Informationen zu versehen, als wirklich für die Prüfung zu lernen. Früher ging man zur Prüfung und war automatisch angemeldet. Oder man geht nicht hin und war automatisch abgemeldet. Da war die Möglichkeit, sich auf das zu konzentrieren, was gelernt wird. Und jetzt habe ich Studierende, die fallen durch, weil sie es aus irgendeinem Grund, der Hund war krank oder die Oma ist gestorben oder sie haben eine schlimme Trennung erlebt, es nicht geschafft haben, sich rechtzeitig anzumelden für die Prüfung. Müssen dann die Prüfung schieben, haben dann im nächsten Semester zwei Prüfungen. Also das sind so Dinge, wo ich denke, da könnte sich das System schon anpassen. Das System müsste verändert werden und man müsste eine Schicht tiefer gucken, was wir eigentlich gerade an Bildung realisieren.“

Claudia Huber:
„Jetzt habe ich nochmal eine ganz andere Frage, weil jetzt höre ich ganz viel auch das Thema körperliche Beeinträchtigungen und Sinnesbeeinträchtigungen. Jetzt gibt es aber ja auch Menschen, die haben ganz andere Herausforderungen. Ich gehe jetzt auf Menschen mit einer höheren Sensibilität ein oder Menschen, die auf gewisse Sinneseindrücke schlecht reagieren. Beispielsweise Blendung oder, und da gehts nicht die Sehfähigkeit, sondern einfach, dass das dann im Gehirn nicht so entsprechend umgesetzt und verarbeitet werden kann und dass das Stress auslöst. Was kann denn da eine Lösung sein? Wir können ja nicht alle Universitäten umbauen in der Zeit und vor allen Dingen kann es ja auch manchmal gegen Sicherheitsgesetzgebungen sprechen. Also wir können ja jetzt nicht alle Lichter zum Beispiel auf die Hälfte dimmen, damit ein paar Leute sich besser bewegen können, dass sie nicht stressresistent sind. Also könnte man vielleicht machen, aber entspricht ja nicht unseren Gesetzen. Wie kann man mit solchen Herausforderungen an Hochschulen umgehen?“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Schwierige Frage. Das führt mich zur Solidaritätsfähigkeit, die ja in beide Richtungen gilt. Also dieses Miteinander reden und versuchen, beste Lösungen zu finden. Meine Formel für Inklusion ist: Was kann jede einzelne Person in dem Setting, was sie gerade sagen oder was sie gerade darlegen, beitragen, damit es gelingt? Das ist einmal die Person selber, die vielleicht eine Sonnenbrille tragen kann. Oder wenn es jetzt akustische Signale sind, es gibt so unauffällige Earphones, sich mit etwas schützen kann. Dann das Zweite wäre die Solidaritätsfähigkeit der anderen. Also dass Menschen, und deshalb habe ich gerade gesagt, diese Leistungs- und Selektionsorientierung hinterfragen, dass Menschen, die betroffen sind von so einem Problem, sich angstfrei äußern können und dass gemeinsam geschaut wird, wie können wir jetzt hier eine gute Lösung finden. Ich habe Studierende gehabt, die sind sehr extrem beeinträchtigt gewesen durch die Lautstärke im Seminarraum. Und das ist, wenn sich jeder Mensch so einzeln empfindet, natürlich gar kein Problem. Aber wenn wir jetzt sagen, lasst uns zusammenarbeiten. Wir haben den Auftrag an Bildung, jetzt bin ich in sozialen Berufen, es ist dann noch mal einfacher, das auch zu rechtfertigen. Wie können wir jetzt diese Lernsituation hier und heute in den nächsten anderthalb Stunden so gestalten, dass sie gelingt? Und wenn dazu gehört, dass Sie bitte leise miteinander reden oder am besten gar nicht miteinander reden, dann bitte ich Sie um diesen Beitrag. Wenn Sie etwas besprechen müssen, gehen Sie kurz raus, schreiben Sie sich's auf. Wir können hinterher noch mal drüber reden. Wolfgang Klawki war das in den 90er Jahren, der gesagt hat, wir brauchen Solidaritätsfähigkeit in der Bildung. Und wir sind sehr stark auf die anderen zwei Dimensionen von Klawki ausgerichtet, nämlich Selbstbestimmung und Mitbestimmung, wo es immer ganz viel um Autonomie geht. Klawki hat damals gesagt, die Selbstbestimmung und die Mitbestimmung ist eigentlich erst legitim, wenn die Menschen gelernt haben, auch solidaritätsfähig zu sein und den anderen, die nicht selbstbestimmen und mitbestimmen können, erst mal den Weg zu eröffnen, auch mit zu bestimmen und dann darf Selbstbestimmung sein. Ich würde an so einer Stelle wirklich ermutigen, immer zu fragen, was kann jede einzelne Person an ihrem Platz beitragen, damit es hier und heute gelingt. Ich versuche, dieses System der 360-Grad-Perspektive gerade zu etablieren. Das ist ja auch ein zentrales Moment in meinem Enthinderungsbuch, wirklich Inklusion nicht mehr als Problem der Person zu sehen, sondern uns alle.
Das ist ja meiner Meinung nach auch Bildung auszustatten mit einer Sensibilität dafür: wie gelingt Zusammenleben? Was braucht es? Was muss jede einzelne Person beitragen?“

Claudia Huber:
„Das finde ich eine gute Zusammenfassung dafür, dass Inklusion nicht nur Bringschuld der Personen sind, die teilhaben wollen und nicht nur alleine Bringschuld ist der Personen, die inkludieren sollen, sondern dass eben Diversity ein ständiger Aushandlungsprozess ist, der nicht ausschließlich über Standards laufen kann.“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ich kann nochmal, Beispiele sind ja immer gut, ich kann ja nochmal ein Beispiel bringen, gerade für diese barrierefreie Lehre, die ja ganz wenig Lehrende nur beherrschen. Da gibt es dann ganz tolle Erlebnisse. Also ich hatte eine blinde Studentin, die immer mit so einem Laptop und einer Braillezeile im Unterricht saß. Und weil ich mir die Mühe mache, auch Grafiken, komplexe Grafiken, so zu erklären, dass man sie auch über die Worte verstehen kann, ohne das optische Signal, hat uns die Studentin erklärt, was die Grafik bedeutet, weil sie vom Text her verstanden hat, worum es vermutlich geht und hat ganz gute Fragen dazu gestellt und alle haben davon profitiert. Und das war für mich so ein Highlight von Inklusion. Abgesehen davon, dass die anderen Studierenden sagen, sie lesen auch immer die Alternativtexte, weil die so toll sind, weil die so klar erklären, wofür diese Grafik da ist.

Paulina Fresow:
„Ich finde ja, dass vielen Menschen häufig auch Vorbilder helfen. Da komme ich dann zu meiner nächsten Frage. Kennen Sie Erfolgsgeschichten? Sie haben ja gerade auch schon eine gesagt, das finde ich auch eine Erfolgsgeschichte, die zeigen, wie Inklusion im Hochschulbereich funktionieren kann. Können Sie da noch andere Beispiele zu nennen?“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Letztlich bin ich ja auch von einer körperlichen Behinderung betroffen. Ich habe das auf meinem Weg immer so erlebt, dass diese Menschlichkeit, dieses Miteinander eigentlich das Allerwichtigste ist. Ich habe inzwischen gelernt, immer gleich zu erklären, was ich kann und was ich nicht kann. Wenn die Leute irritiert sind, sie in diesem Moment abzuholen, wo sie irritiert sind. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist. Das erlebe ich auch bei einer Kollegin hier an der Hochschule, die eine Hörbehinderung hat. Da ist es zunächst noch wirklich so, dass wir erst mal die anderen aufklären und sagen, was es braucht, welchen Beitrag es braucht und um diese Solidarität bitten. Das kostet auch immer ein bisschen Selbstbewusstsein, würde ich sagen, so für mich einzutreten. Das musste ich auch lernen und das muss jede von uns lernen. Aber die anderen, die anderen immer wieder auch darauf zu stoßen, dass sie da ihren Beitrag bringen. Und das funktioniert bei uns im Kollegium inzwischen schon ganz gut. Bei den Studierenden ist es immer eine Frage, wie groß die Seminare sind und wie stark diese Leistungs- und Selektionsorientierung durchschlägt.
In meinen Seminaren benenne ich das am Anfang immer auch ganz, ganz deutlich, dass es darum geht, alle mitzunehmen. Dass es auch, ja, zum Beispiel mal gilt, wenn jemand zwei-, dreimal fehlt, es geht bei mir nicht um Anwesenheitspflicht, sondern dass mal jemand da anruft. Es gibt ja immer WhatsApp-Gruppen, mal nachfragt, hey, was ist eigentlich los, brauchst du Unterstützung?
Oder diejenigen, die zum Beispiel was verstanden haben, sind die bereit, das auch noch mal außerhalb des Seminars den anderen zu erklären? Sind die anderen, die es immer noch nicht verstanden haben, so mutig zu sagen, ich brauche jetzt doch noch mal eine Erklärung, ich habe es immer noch nicht verstanden. Und dass ich den Studierenden, wie gesagt, ich bin in der sozialen Arbeit, da geht das ganz gut, sage, sie werden später Bildungsprozesse gestalten, ob die formell oder informell sind, das hat immer was mit Bildung zu tun. Und es geht darum, niemanden zu verlieren. Wie können wir hier die Situation so gestalten? Was kann jede und jeder beitragen, damit es gelingt, damit alle gut durch dieses Seminar kommen und möglichst viel mitnehmen? Dann sind die Studierenden immer erstaunt. Aber ich kriege auch am Ende des Seminars immer ziemlich gute Rückmeldungen, dass diese Art des Miteinanders sehr hilfreich war. Bis hin zu Studierenden, die mir gesagt haben, wenn es sie mit dieser Art nicht gegeben hätte, hätte ich das Hochschulstudium nie geschafft.“

Claudia Huber:
„Das ist ja auch eine sehr schöne Einladung an Menschen, die psychische Erkrankungen beispielsweise haben, Depressionen oder auch stressgetriggerte Essstörungen oder so, dass da auch eine Inklusion stattfinden kann, ohne verurteilt zu werden, dass man eben anders aufgestellt ist.“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Genau und das betrifft diejenigen, die Solidaritätsfähigkeit haben müssen, um es zu ermöglichen, den Platz zu machen und mit dieser Irritation ja und auch der eigenen Angst vor Minderwertigkeit klarzukommen. Mir hat mal ein Student in Berlin gesagt, im Rollstuhl saß der, hatte glaube ich sogar auch noch ein Cochlear-Implantat und hat gesagt, ich bin da, wovor alle noch Angst haben, weshalb so abgewehrt wird, weshalb man damit nichts zu tun haben will und sich auch nicht überlegt wirklich was beizutragen.“

Paulina Fresow:
„Ja, ich komme immer wieder zu dem Punkt, egal bei welchem Thema, egal bei welcher Dimension, dass doch die Grundlage von allem ist, dass wir wertschätzend miteinander umgehen und dass eigentlich der Fuß ist für so vieles, was dann darauf aufbauen kann.“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, aber Wertschätzung geht halt nur, wenn ich erstmal die eigene Wertschätzung habe.“

Paulina Fresow:
„Genau.“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, also dieses, ich glaube, da sind wir bei Alfred Adler und der Individualpsychologie: viel mehr, die jungen Leute darauf auszurichten mit ihren eigenen Minderwertigkeitsgefühlen angemessen umzugehen. Und dann ist, glaube ich, der Rest auch nicht mehr so ein großes Problem. Wie oft ist es in so einem Seminar, dass eine Person sich schließlich traut, zu sagen, das habe ich nicht verstanden und ich habe auch ziemlich Angst vor der Klausur. Und dann alle anderen, also wirklich ganz viele sagen, ich bin so froh, dass du das sagst, weil mir geht es auch so.“

Paulina Fresow:
„Abschließend würde ich Sie gerne fragen, was denn Ihre persönliche Vision für eine vielfältige und inklusive Hochschule der Zukunft ist?“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, also vieles davon habe ich schon gesagt. Hier in meinem Bereich bin ich immer diejenige, die sagt, bitte, bitte noch mal schauen, was wir an Bildung realisieren. Und auch da gibt es ein Zitat, jetzt habe ich tatsächlich die Quelle vergessen, „Bildung ist nicht die Veredlung der eigenen Person, um eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Bildung sollte dafür da sein, dass wir miteinander eine Gesellschaft schaffen, in der es allen so gut wie möglich geht und in der wir mit Ressourcen vernünftig umgehen und in der wir jungen Leuten beibringen, in Frieden miteinander zu leben.“ Das braucht Bildung. Und klar, ich will mir auch nicht, was ist ein gutes Beispiel, ich will auch nicht, dass eine Zahnärztin mir die Zähne macht, die das nicht wirklich kann und gelernt hat. Also eine gewisse Leistungs- und Selektionsorientierung ist notwendig, aber nicht so stark, wie es im Moment stattfindet. Und dass wir nochmal überlegen, was ist eigentlich Bildung? Ja, was soll Hochschulbildung sein? Und wirklich mehr als die Veredlung der eigenen Person, sondern ausgerichtet auf eine Zukunft der friedlichen, verantwortungsvollen Gemeinschaft. Das ist meine Vision.

Paulina Fresow:
„Danke schön, liebe Frau Danz.

Zum Schluss noch ein paar Worte, die uns besonders wichtig sind. Uns ist bewusst, dass dieses Themenfeld sehr komplex ist und wir in dieser Folge nur einige Aspekte streifen konnten, weil schon alleine die Barrieren von Menschen mit körperlichen und geistigen Fähigkeiten so unterschiedlich sein können. Daher hoffen wir, dass wir mit diesem Podcast bzw. mit dieser Podcast-Folge vor allem eins erreicht haben, für dieses Thema zu sensibilisieren und zum Nachdenken anzuregen.

Liebe Frau Danz, wir danken Ihnen wirklich herzlich, dass Sie heute bei uns waren und wir danken Ihnen für Ihre Einblicke in dieses Thema.“

Prof. Dr. Simone Danz:
„Ja, danke für die Einladung und danke, dass ich meine Vision auch loswerden konnte. Das freut mich sehr.“

Paulina Fresow:
„Das war unsere heutige Folge. Wir hoffen, sie hat euch genauso inspiriert wie uns. Was denkt ihr denn darüber? Teilt eure Gedanken und Feedback mit uns. Wir sind gespannt darauf. Schreibt uns gerne einen Kommentar hier auf Spotify. Wenn ihr mehr von uns hören wollt, vergesst nicht, den Podcast zu abonnieren, damit ihr keine Episode verpasst. Erzählt auch gerne euren Freunden und Freundinnen, Kollegen und Kolleginnen, Professoren und Professorinnen von uns. Je mehr, desto besser. Lust auf mehr? Dann kommt zu unserem Afterwork-Event am 3. Dezember 2024 in Stuttgart. Wir reden über Diversity an der DHBW und freuen uns darauf, euch persönlich kennenzulernen. Alle Infos dazu findet ihr in den Shownotes.

Bis zur nächsten Folge, bleibt dran!“