Vielfaltsdimension "Sexuelle Orientierung und Identität" - im Podcast-Gespräch mit Lisa Niendorf
Die Sichtbarkeit und Unterstützung von LGBTQIA+ Personen an Hochschulen ist für viele noch immer keine Selbstverständlichkeit. In Folge 1 des Podcasts „Selbstverständlich Vielfältig – Vielfalt an der Hochschule leben“ sprechen Claudia Huber und Paulina Fresow mit Lisa Niendorf aka Frau Forschung zum Thema „sexuelle Orientierung und Identität“. Sie beleuchten gemeinsam, vor welchen besonderen Herausforderungen LGBTQIA+ Personen in der akademischen Welt häufig stehen. Hierzu zählen strukturelle Diskriminierung, die äußere Zwang, sich wiederholt zu outen, sowie das Fehlen von Vorbildern und einer aktiven Unterstützung.
Lisa Niendorf gibt wertvolle Einblicke, wie Hochschulen queere Studierende und Mitarbeitende besser fördern können und so eine Umgebung schaffen, in der sich alle wohl und sicher fühlen. Hören Sie hier die Podcastfolge oder lesen Sie nachfolgend die Zusammenfassung der Maßnahmen für eine inklusive, respektvolle und unterstützende Kultur an Hochschulen, die in dieser Folge vorgestellt werden.
Über Lisa Niendorf
Lisa Niendorf ist studierte Bildungsforscherin und gibt als „Lehrkraft für besondere Aufgaben“ an der Humboldt-Universität zu Berlin Seminare rund um das Pflichtpraktikum in der Lehramtsausbildung. Neben ihrer Tätigkeit als Dozentin ist sie online als „FrauForschung“ aktiv. Auf Instagram und TikTok setzt sie sich dafür ein, das Thema Mental Health im akademischen Bereich zu enttabuisieren und die Hochschule zu einem wertschätzenden, lebensweltbezogenen und queerfreundlichen Ort zu machen.
Mehr zu Lisa unter: instagram.com/frauforschung, tiktok.com/@frauforschung und frauforschung.de
Vielfalt fördern: Maßnahmen zur Unterstützung von LGBTQ+ Personen an Hochschulen
1. Strukturelle Maßnahmen: Von der All-Gender-Toilette bis zum Antidiskriminierungsbüro
Die grundlegende Infrastruktur einer Hochschule kann einen großen Einfluss darauf haben, ob sich Menschen willkommen fühlen. Ein wichtiges Zeichen der Offenheit sind All-Gender-Toiletten, die beispielsweise trans oder nicht-binären Personen einen geschützten Raum bieten können.
Zusätzlich sollten Hochschulen administrative Prozesse vereinfachen, um beispielsweise die Namensänderung für trans und nicht-binäre Studierende und Mitarbeitende zu erleichtern. Gerade dieser scheinbar kleine Schritt kann für betroffene Personen eine große Entlastung bedeuten.
Antidiskriminierungsbüros und queer-freundliche psychologische Beratungsangebote sollten ebenfalls als feste Anlaufstellen an Hochschulen vorhanden sein. Diese Institutionen sind für queere Menschen oft die einzigen Orte, an denen sie sich bei Diskriminierungsfällen unterstützen lassen können.
2. Curriculare Maßnahmen: Queere Lebensrealitäten sichtbar machen
Die Inhalte und Materialien, die in der Lehre vermittelt werden, beeinflussen nicht nur das Wissen der Studierenden, sondern auch ihre Werte und Perspektiven. Es ist daher unerlässlich, dass Hochschulen ihre Lehrmaterialien auf stereotype oder diskriminierende Darstellungen überprüfen und queere Lebensrealitäten einbeziehen.
LGBTQIA+ Inhalte sollten zudem in Forschungs- und Lehrangebote integriert werden, um ein umfassenderes Bild unserer Gesellschaft zu vermitteln und das Bewusstsein für die Vielfalt menschlicher Lebensweisen zu stärken. Schulungen und Sensibilisierungen für Lehrende helfen dabei, diese Ziele in der Lehre zu verankern.
3. Eine inklusive Arbeitsplatzkultur: Flexibilität, Respekt und Reflexion
Ein inklusives Arbeitsklima in den Hochschulen ist entscheidend für das Wohlbefinden aller Mitarbeitenden. Flexible Arbeitszeiten und klare Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit ermöglichen es den Mitarbeitenden, ihren individuellen Lebensumständen gerecht zu werden und sich auch außerhalb der Academia ein erfülltes Leben zu bewahren.
Für Lehrende und Mitarbeitende in leitenden Positionen ist regelmäßige Supervision sinnvoll, um eigene Privilegien und mögliche blinde Flecken im Umgang mit Studierenden und Kolleg*innen zu reflektieren. So können sie Unterstützung hinzu zu holen, wenn sich shnen eine Person anvertraut, die eine andere Lebensrealität als sie selber hat. Ein unterstützendes, offenes Teamklima hilft, Diskriminierung und Unwohlsein vorzubeugen und das Gefühl von Zugehörigkeit zu fördern.
4. Sichtbarkeit und Repräsentation: Queere Vorbilder und Repräsentanz
Studierende und Mitarbeitende profitieren enorm davon, wenn sie an ihrer Hochschule Vorbilder haben, die ihre Lebensrealität widerspiegeln. Hochschulen sollten daher LGBTQIA+ Personen in Führungspositionen und wissenschaftlichen Rollen fördern, um jungen Menschen Mut zu machen und Akzeptanz zu stärken.
Auch sichtbare Zeichen der Unterstützung, wie das Verwenden der Progressive Pride-Flag in der universitären Kommunikation, schaffen eine Atmosphäre der Akzeptanz und geben queeren Personen das Gefühl, willkommen zu sein. Diese Symbolik signalisiert Solidarität und Offenheit, was oft eine große Erleichterung für Betroffene darstellt.
5. Stärkung von Allyship und Solidarität: Gemeinsam für mehr Sicherheit und Akzeptanz
Netzwerke für Allyship – also für Verbündete von queeren Menschen – bieten allen Hochschulangehörigen die Möglichkeit, aktiv zur Unterstützung beizutragen. Diese Netzwerke helfen dabei, dass queere Personen sich sicherer fühlen und auf Unterstützung zählen können, ohne sich dabei outen zu müssen, während auch heterosexuelle und cis-geschlechtliche Personen sensibilisiert werden.
Ein offenes Engagement für queere Anliegen und die Förderung einer solidarischen Unterstützungskultur tragen erheblich zur Sicherheit und zum Wohlbefinden queerer Studierender und Mitarbeitender bei. Allies können hier durch ihre Haltung und ihr Handeln viel bewirken und aktiv zur Schaffung eines respektvollen Umfelds beitragen.
6. Klare Richtlinien gegen Diskriminierung und Machtmissbrauch
Leider sind Diskriminierung und Machtmissbrauch in hierarchischen Strukturen auch heute immer noch ein Problem. Um dem entgegenzuwirken, sollten Hochschulen klare Antidiskriminierungsrichtlinien implementieren und auf deren Einhaltung achten. Dabei sollten Verstöße konsequent geahndet werden, damit das Sicherheitsgefühl und das Vertrauen in diese Regelungen nicht verloren gehen.
Auch eine Sensibilisierung für Machtstrukturen und -dynamiken ist wichtig. Lehrende und Vorgesetzte sollten regelmäßig ihre Position reflektieren und sicherstellen, dass sie ihre Autorität nicht missbrauchen. Ein respektvoller Umgang und ein kritischer Blick auf Machtverhältnisse helfen, Diskriminierung und Missbrauch zu verhindern.
Hochschulen als Vorreiter einer inklusiven Gesellschaft
Mit diesen Maßnahmen können Hochschulen ein wertvoller Ort werden, an dem sich Menschen entfalten und ihre Identität frei leben können. Die Förderung von Inklusion und die Bekämpfung von Diskriminierung sind langfristige Projekte, die nur gelingen, wenn alle Beteiligten sich aktiv dafür einsetzen. Hochschulen, die diesen Weg gehen, stärken nicht nur die akademische Gemeinschaft, sondern tragen auch zu einer gerechteren, offenen Gesellschaft bei.
Die Hochschulen stehen in der Verantwortung, Inklusion und Vielfalt zu fördern. Mit den richtigen Maßnahmen können sie zum Vorbild für andere Institutionen werden und allen Menschen eine sichere und wertschätzende Umgebung bieten.